Ist der Koalitionsvertrag verfassungswidrig, und was hat das mit Bertelsmann zu tun?

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD heißt es wörtlich: „Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.“ (S. 184.)

Dies halte ich für verfassungswidrig. Im Grundgesetz heißt es ausdrücklich, dass die Abgeordneten nur ihrem Gewissen verpflichtet sind: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ (Art. 38 GG.)

Weiter heißt es im Koalitionsvertrag: „Eine zunehmende Mitwirkung deutscher Soldaten in integrierten Strukturen und Stäben auf NATO- und EU-Ebene muss mit dem Parlamentsvorbehalt vereinbar sein. Deshalb wollen wir eine Kommission einsetzen, die binnen Jahresfrist prüft, wie auf dem Weg fortschreitender Bündnisintegration und trotz Auffächerung von Aufgaben die Parlamentsrechte gesichert werden können. Die Kommission wird darauf aufbauend Handlungsoptionen formulieren.“ (S. 177.)

Was hier wie eine Vorsichtsmaßnahme klingt, ist in Wahrheit Verschleierungstaktik. Denn der Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze des Militärs ist bereits gesetzlich gesichert. Das Einzige, was diese Kommission bewirken kann, ist daher eine Aufweichung des Parlamentsvorbehalts. Hintergründe werden erläutert in Artikeln der Zeit und der jungen Welt. (Für Hinweise danke ich Dietrich vom Bezirksverband „Die Linke“ Steglitz-Zehlendorf.)

In einem Artikel der Zeit vom 27. Oktober heißt es: „Die Union will Mitwirkungsrechte des Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr begrenzen. Eine entsprechende Forderung habe Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bei den Koalitionsgesprächen mit der SPD am vergangenen Freitag vorgebracht […]. Es gehe darum, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in Europa zu erleichtern, habe de Maizière demnach gesagt. Die CDU hatte bereits in der vergangenen Legislaturperiode versucht, die Zustimmungsrechte des Parlaments zu beschränken.“

In einem Artikel der jungen Welt vom 04. Dezember steht geschrieben: „CDU und SPD planen in ihren vorläufigen Koalitionsvereinbarungen, künftig eine Kommission entscheiden zu lassen, ob eine multinationale EU- oder NATO-Operation der Zustimmung des Parlaments bedarf oder nicht.“

Dahinter steht nicht nur das Drängen der NATO wegen gemeinsam genutzter Waffensysteme angesichts knapper Kassen: „Die Chefs der NATO-Staaten wollen verhindern, dass bei Auslandsoperationen einzelne Verbündete gemeinsam genutzte Einheiten und Waffensysteme blockieren können. Hintergrund ist, dass in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise auch die Verteidigungshaushalte leiden.“ (Artikel der Legal Tribune Online vom 24.05.2012.)

Seit Jahren schon wird die stetige Schleifung des Grundgesetzes betrieben. Die Mütter und Väter der Verfassung wollten, dass nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgeht. Mit Sicherheit hätten sie Peter Struck (SPD) nicht zugestimmt, dass die „Sicherheit Deutschlands […] auch am Hindukusch verteidigt“ werde (Artikel auf Telepolis vom 13.12.2002).

Wie bei der Zustimmung zu den Kriegskrediten 1914 macht sich die SPD mitschuldig an Kriegstreiberei.

Die übergroße Mehrheit der Deutschen ist gegen Kriegseinsätze. Wie gelingt es aber, dieses klare Votum zu unterdrücken?

Ein wesentlicher Grund ist die zunehmende Medienmanipulation. Es darf nicht verwundern, wenn ausgerechnet der Bertelsmann-Moloch der Milliardärsfamilie Mohn (RTL/n-tv/VOX/SUPER RTL/RTL II, 104,6RTL/89,0RTL/Radio Brocken etc., Stern/Spiegel 25,25 %/Brigitte/Geo/Gala/auto motor sport/Schöner wohnen/Eltern/PM/Cicero/ehem. Financial Times Deutschland/rtv/Capital/NEON/National Geographic, Random House/Blessing/C. Bertelsmann/Goldmann/Luchterhand/Siedler/Heyne/Knaus/DVA u.a., UFA Fernsehproduktion/UFA Film Produktion, BMG, GZSZ.de/wer-kennt-wen.de – s. KEK-Medienkonzentrationsbericht, S. 153) oder ihm nahestehende Institutionen wie das aus der Bertelsmann-Stiftung hervorgegangene und an die Münchner Universität angegliederte „Centrum für angewandte Politikforschung“ (CAP) es als Erfolg verbucht, wenn das Bundesverfassungsgericht die Abweisung einer Klage der Bundestagsfraktion Die Linke als „Etappensieg beim Thema Auslandseinsätze“ verbucht (Positionspapier vom 10.07.2007 auf der Seite des „CAP“).

Die GEW Hessen weist auf „die Ermunterung zu weltweiten Präventivkriegen“ und die „weitere Entdemokratisierung dieser Gesellschaft“ hin. Die GEW verweigert die Zusammenarbeit: „Die Bertelsmann-Stiftung arbeitet mit der Strategie, über breite Bündnisse ihr Handeln zu legitimieren. Die GEW will nicht Teil dieser Strategie sein und lehnt eine passive und aktive Mitarbeit ab. […] Des Weiteren setzt sich die GEW für eine kritische Prüfung der Gemeinnützigkeit von Unternehmensstiftungen ein.“

Günter Frech (Autor eines Artikels „Der Bewußtseinsriese  in einer Zeitschrift der IG Medien“) schrieb einmal, dass „statistisch gesehen jede Bundesbürgerin und jeder Bundesbürger täglich eine Stunde mit einem Bertelsmann-Produkt verbringt“ (Internetseite, Abruf 26.12.2012). Heute sind es sicherlich mehr.

Prof. Clemens Knobloch sagt über das von Bertelsmann betriebene „Centrum für Hochschulentwicklung“ (CHE), das die Verschulung der deutschen Universitäten durch BA/MA zu verantworten hat: „Das CHE ist ungefähr so gemeinnützig wie die Pharmylobby, der ja auch nur unsere Gesundheit am Herzen liegt. […] Langfristig ist der Bildungsmarkt [..] eine Lizenz zum Gelddrucken. Verpunktung und Modularisierung schaffen längerfristig vermarktbare Wissens- und Bildungseinheiten.“ (Thomas Schuler, Bertelsmann Republik Deutschland. Eine Stiftung macht Politik, Frankfurt am Main 2010, S. 174.)

Es geht darum, die Erkenntnis von Wiebke Priehn zu verbreiten, „dass Bertelsmann die Spinne im Netz ist“ (Thomas Schuler, Bertelsmann Republik Deutschland, S. 262) und die Mahnungen von Albrecht Müller („Nachdenkseiten“) nicht ohne Konsequenzen verhallen zu lassen.

„Bertelsmann ist Vorreiter im Durchsetzen neoliberaler Positionen. So hat die Bertelsmann-Stiftung wesentlichen Anteil an der Hartz IV-Agenda und die Einf[ü]hr[ung] der Studiengebühren zu verantworten. Bundeswehreinsätze im Innern sowie die Remilitarisierung der deutschen Aussenpolitik gehen auf ,Vorlagen‘ des Bertelsmann-Konzerns zurück.“ (Jörg Stange auf medienwatch.wordpress.com.)

Über 

I am Marlene Hilsenrath, widow of the Jewish German-language writer Edgar Hilsenrath (known for The Nazi and The Barber, but also for Night and The Story of the Last Thought).

Ich bin Marlene Hilsenrath, die Witwe des deutsch-jüdischen Schriftstellers Edgar Hilsenrath (bekannt für Der Nazi & der Friseur, außerdem für Nacht und Das Märchen vom letzten Gedanken).

Homepage: marlene.hilsenrath.de

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